Jo'burg
Südafrika 🇿🇦
“Ehrlich? Da würde ich echt nicht hinfahren“
„Was wollt ihr dort? Da gibt’s ja nichts zu sehen“, „Die Stadt ist wirklich gefährlich! Würde ich nicht machen!“ Johannesburg eilt kein guter Ruf voraus. Seit wir in Südafrika sind, ernten wir Kopfschütteln, sobald wir auch nur erwähnen, dass wir der Stadt ohne Notwendigkeit einen Besuch abstatten wollen. Selbst Jo‘burger zeigen sich irritiert. Extra einen Umweg machen, um Johannesburg zu sehen? Kruger Nationalpark! Die Küste rund um Durban! Kapstadt! Die Weingegend rund um Stellenbosch! Dafür kommt man doch nach Südafrika. Die mit 12 Millionen Einwohnern größte Stadt des Landes würden viele am liebsten irgendwie verstecken. Ein Grund mehr, wie wir meinen, sich die Sache genauer anzuschauen.
Schon kurz nach der Abfahrt von der 4-spurigen Stadtautobahn merken wir, dass hier nicht alles so reibungslos funktioniert, wie es sollte.
Die Hälfte der Ampeln ist ausgefallen. Autos bleiben in der Regel bei den mehrspurigen Kreuzungen nur kurz stehen und warten Querverkehr ab, was überraschenderweise ganz gut klappt. Wir sind auf dem Weg nach Melville, einem hippen Stadtteil im Norden in der Nähe der Universität, wo wir uns in einem Guesthouse eingemietet haben. Schön grün ist es hier, viele der am Straßenrand gepflanzten Jacarandabäume haben sich jetzt im Frühling eine Haube aus blauvioletten Blüten aufgesetzt. Aber dazwischen laufen kilometerlange, mannshohe Stacheldrahtzäune. Überwachungskameras und Elektrozäune sichern Hauseinfahrten. Selbst der verwaiste Kinderspielplatz, an dem wir vorbeifahren, ist mit unüberwindbarem Stacheldraht abgesperrt, als gelte es, einen potentiellen Angreifer von der Schaukel fernzuhalten.
Unser Guesthouse duckt sich hinter eine riesige Backsteinmauer.
Von der Straße aus ist das Haus und der nette Innenhof überhaupt nicht zu sehen. Eine freundliche junge Dame empfängt uns und zeigt uns unsere zwei hübsch eingerichteten Zimmer. Sie macht uns auf die geplanten Load Shedding Zeiten aufmerksam. In Südafrika ist das öffentliche Stromnetz schlecht gewartet und die alten Kohlekraftwerke sind in derart miserablem Zustand, dass immer wieder periodisch ganze Landesteile für ein paar Stunden am Tag vom Netz genommen werden müssen, um die Stromversorgung nicht komplett zusammenbrechen zu lassen. „Leider haben wir zusätzlich zum Load Shedding zur Zeit auch Water Shifting“, meint sie entschuldigend. In den nächsten Tagen sei im ganzen Viertel nicht mit Leitungswasser zu rechnen. Wenigstens haben sie schöne Wörter für ihre Misere. Wir dürfen im Fitnesscenter auf der anderen Straßenseite die Duschen mitbenutzen, da gibt’s Wasser aus einem eigenen Brunnen. Der Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma, der in der Nacht auf das Haus aufpasst, wird uns noch Kübel voll Wasser für die Klospülung vorbeibringen.
Am nächsten Morgen erkundigen wir uns nach dem Bus ins Stadtzentrum.
Die Antwort der Empfangsdame überrascht uns ein wenig: “Keine Ahnung, ich bin noch nie im Leben Bus gefahren. Die öffentlichen Busse sind doch viel zu gefährlich!” Wir sollen lieber ein Uber bestellen. Johannesburg gehört sicher zu den gefährlicheren Städten der Welt, aber wie riskant kann eine Busfahrt am helllichten Tag sein? Wir überlegen hin und her, entscheiden uns aber dann doch, den Rat der Einheimischen ernst zu nehmen.
Der Uber Fahrer, der uns ins Zentrum von Johannesburg in den Central Business District bringt, warnt uns jedenfalls auch sofort vor den Gefahren der Stadt. Die Grenzen zwischen relativ sicherem und gefährlichem Viertel bleiben für uns unsichtbar. Univiertel? „Safe. Schau, der holt sogar sein Handy aus der Hosentasche.“ Wir fahren ein paar Ecken weiter. „Auf jeden Fall unsafe. Da haben sie mir schon bei offenem Fenster ins fahrende Auto gegriffen, um Sachen zu klauen!“ Ein wenig ein mulmiges Gefühl haben wir schon, als der Fahrer an einer Ecke im Zentrum anhält. Er hat noch einen Rat für uns, als wir aussteigen: „Bleibt auf jeden Fall in den Straßen rund um den Gandhi Square. Da sollte euch jetzt am Tag nichts passieren.“
Die Stimmung im ehemaligen Geschäftszentrum der Stadt ist schwer zu beschreiben.
Die Straßen fühlen sich definitiv nicht bedrohlich an, etwas Apokalyptisches hat die Szenerie aber schon. Es ist fast nichts los. Auf den ersten Blick wirken die Hochhäuser nur etwas schäbig. Je länger wir durch die Gassen wandern, desto mehr wird uns allerdings bewusst, dass hier alles leer steht. Die Geschäftsflächen sind vernagelt, viele Glasfronten verdreckt oder zerbrochen, die Empfangsbereiche früherer Bürotürme verwüstet. Während der Apartheid war das Zentrum Johannesburgs eine „White Only“ Zone, doch nach Zusammenbruch des Regimes haben sämtliche Konzerne und Unternehmen das Geschäftszentrum panikartig in Richtung der nördlichen Suburbs verlassen. Von diesem Schock hat sich die Stadt bis heute anscheinend nicht erholt.
Viel gibt es nicht zu sehen, wir bestellen unser nächstes Uber in ein anderes Stadtviertel. In dieser etwas seltsamen Art wird es auch in den nächsten Tagen weitergehen: Hipster Café. Uber. Apartheidmuseum. Uber. Italienische Pizzeria mit Holzofen. Uber. Mandelas Wohnhaus in Soweto. Auch in die Rooftop Bar in der Nähe des Zentrums fahren wir mit einem Uber.
Unser Fahrer hält direkt vor dem Hochhaus, ein Security Typ mit breiten Schultern nimmt uns freundlich lächelnd in Empfang.
“Welcome”, sagt er und schiebt uns in den Lift. Oben angekommen stehen wir auf einer tropisch bepflanzten offenen Terrasse mit Blick über die Hochhäuser der Stadt. Ein DJ spielt lässige Lounge Musik, ein junges, gemischtes Publikum unterhält sich beim After Work Drink. Die Cocktails kosten in der Happy Hour sensationelle 1,50 EUR, da schlagen wir natürlich zu. Hedi und Mavie halten sich an die alkoholfreien Varianten, aber uns kommt schon ein bisschen vor, dass vor allem Mavie einen kleinen Zuckerrausch hat, als sie wie wild über die große Terrasse hüpft und tanzt, während die Sonne golden hinter der Skyline der Stadt versinkt.
Wir bleiben ein paar Tage in dieser widersprüchlichen Stadt und sind uns einig, dass wir die Erfahrung nicht missen wollen. Ganz unglücklich sind wir aber nicht, als wir auf der Autobahn Johannesburg im Rückspiegel wieder hinter uns lassen.
Die beiden waren kurz vorher in Wien auf Urlaub.
Der kleine Bub war in Simbabwe am Abend noch mit seinen Freunden unterwegs, um sich einen Fisch zu angeln.
Rund um Matopos in Simbabwe finden wir Höhlen mit Felszeichnungen der alten Buschmänner.
Eine der schönsten Flusscanyons im ganzen südlichen Afrika.
Wir genießen die herrlichen Ausblicke am Mahai Campground am Fuße der Berge.
In den Drakensbergen unternehmen wir unzählige Wanderungen.
Hedi und Mavie freuen sich - diesmal - aufs Wandern.
Ein Webervogel baut eines seiner kunstvollen Nester.
Wer von den beiden ist wohl das gefährlichere Krokodil?
An der Küste des Indischen Ozeans locken endlose Strände. Zum Baden ist es aber zu kalt.
Hedi und Mavie haben ihre Freude am großen Sandspielplatz.
Schon wieder eine Grünmeerkatze, die nur auf den besten Moment wartet, unser Essen zu klauen.
Eigentlich war es uns an diesem Tag zu nass. Hedi will aber trotzdem unbedingt eine Runde mit dem Auto drehen - und wir werden belohnt!